Bruno Stefanini

Bruno Stefanini lachend auf einem Boot, die Hände freudevoll in die Höhe gestreckt. Er hält ein Glas Wein in der rechten Hand.

Bruno Stefanini (5. August 1924–14. Dezember 2018) war ein Winterthurer Unternehmer, Immobilienbesitzer und Sammler. 1980 gründete er die Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG). 

Der junge Bruno

Bruno Stefaninis Vater Giuseppe gehörte zur ersten Generation italienischer Einwanderer; dieser liess sich 1928 einbürgern. Seine Mutter Elisabeth (geborene Hüppi) war eine Glarnerin, die ihre Jugend im Elsass verbracht hatte. Bruno Stefanini hatte einen älteren Bruder, Aldo, geboren 1921. Mit der Geburt von Bruno zog die Familie vom Arbeiterquartier Töss in die Altstadt an die Steinberggasse 9 – eine Liegenschaft, die Bruno später kaufte. Ab 1930 führten Brunos Eltern das Arbeitergasthaus «Zum Salmen», ein Restaurant an der Marktgasse, das der Società Cooperativa gehörte. 

Von 1935 bis 1965 war Giuseppe Stefanini Vorsteher dieser 1906 gegründeten italienischen Konsumgesellschaft. Im Frühling 1939 trat Bruno Stefanini in die Kantonsschule im Lee ein – in Winterthur zu dieser Zeit ungewöhnlich für den Sohn eines Gastwirts mit Migrationsgeschichte, der zudem noch ein Katholik war. Bruno wurde Mitglied der Mittelschulverbindung Fraternitas und erhielt den Namen «Türgg». Seinen Kindern erzählte Bruno später, sein Übername sei ein mundartliches Wort für einen «Chrampfer» oder «Abenteurer». 

Bruno Stefanini mit Abzeichen Schneller Pfeil, ca. 1940
Der junge Bruno Stefanini steht auf einer Sitzbank und lehnt sich an einen Baum an.

Bruno Stefanini 1937

Wegen einer Scheibe, die bei einem nächtlichen Trinkgelage zu Bruch ging, wurde Bruno von der Schule verwiesen. Dank Aufnahmeprüfung kann er 1943 ohne Matura ein Studium der Naturwissenschaften an der ETH Zürich beginnen. Er belegte neben den obligatorischen Fächern Biologie, Chemie und Geologie mehrere Freifächer in Geschichte und Deutsche Literatur. Im gleichen Jahr trat er in die Rekrutenschule ein, 1944 folgte sein erster Aktivdiensteinsatz als Offiziersanwärter. Stefanini diente insgesamt 1500 Tage in der Schweizer Armee. 

Sein Studium beendete Stefanini 1951 ohne Abschluss, stattdessen richtet er sich ein eigenes Büro als Immobilienverwalter ein. Bereits 1946 erhielt der damals 22-jährige Bruno von seinem Vater als Lohn für die Unterstützung in der Verwaltungsarbeit zwei Liegenschaften in Winterthur. Giuseppe selber stieg während der Zeit des Zweiten Weltkriegs über Baugenossenschaften ins Immobiliengeschäft ein. 

Bruno, der Unternehmer 

Stefaninis Unternehmertum in den Bereichen Bau und Verwaltung verwandelte das Immobilienportfolio des Autodidakten innerhalb von 30 Jahren in ein Millionengeschäft. Dies gelang hauptsächlich durch kluge Investitionen in den Wohnungsbauboom der Nachkriegszeit sowie den Kauf von bestehenden Immobilien und Grundstücken, die oft in schlechtem Zustand waren. Alle Liegenschaften werden von der Terresta bewirtschaftet, die Bruno Stefanini ab 1960 als alleiniger Eigentümer geführt hat. Sehr wenig ist über das Privatleben und die Visionen von Bruno Stefanini bekannt. Sein Erwachsenwerden in der Zeit des Zweiten Weltkriegs hat ihn stark geprägt, was sich auch niederschlägt in seinem Interesse an der Geschichte des 20. Jahrhunderts und den grossen politischen Ereignissen der Zeit.  

Bruno Stefanini war von 1961 bis 1971 mit Veronika Stefanini verheiratet, gemeinsam hatten sie drei Kinder. Sein Alltag war geprägt von einer strengen Arbeitsethik, die wenig Zeit für die Familie und wenig Kooperationsspielraum für Mitarbeiter:innen und Geschäftspartner:innen erlaubte. Seine engste Mitarbeiterin war seine Sekretärin Dora Bösiger. Er galt als medien- und öffentlichkeitsscheuer Mensch, der Tag und Nacht für sein Unternehmen arbeitete. Seine wenige Freizeit investierte er in das Studium von Auktionskatalogen und den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern. Sein Wunsch eines Museums für seine Sammlung blieb unerfüllt. 

Bruno
Bruno
Schwarzweiss-Bild von Bruno Stefanini, der in die Ferne schaut, im Hintergrund eine Landschaft.

Das Jubiläum

2024 wäre Bruno Stefanini 100 Jahre alt geworden. Die SKKG nahm das zum Anlass, gemeinsam mit Menschen in- und ausserhalb der SKKG über Person, Leben und Wirken des Stiftungsgründers nachzudenken.

Der Podcast

Die zwei Journalist:innen und Autor:innen Charlotte Theile und Christian Schepsmeier vom Storytelling-Kollektiv Elephant Stories haben sich auf freie Spurensuche begeben und dabei eine Podcastfolge produziert. «Schönheit. Schimmel. Schwerkraft. Der Planet Bruno Stefanini» ist auf allen gängigen Podcastplattformen zu hören. 

Jetzt anhören
Der Schriftzug Bruno als Illustration, die aussieht wie ein Gesicht mit Hut.

Die Tagebücher

Ein Notizheft, in dem auf Etiketten von Hand geschrieben steht «Tagebuch 1938 für Bruno Stefanini»

Die Publikation der ersten zwei Tagebuchbände von Bruno Stefanini ermöglicht einen Blick auf den öffentlichkeitsscheuen Winterthurer Unternehmer, Immobilienbesitzer und Sammler. Herausgegeben wird das Buch von der SKKG gemeinsam mit der Buchproduzentin Mirjam Fischer, mille pages.

Verschiedene Anknüpfungspunkte der Autor:innen lassen ein Bild von Bruno Stefanini entstehen, das mittels freier Interpretation, Fiktion oder Spekulation eine vielseitige Deutung einer uns letztlich nie ganz fassbaren Persönlichkeit erlaubt. Die Online-Version der Publikation sowie die integralen Fassungen und Transkriptionen der Tagebücher von 1937 und 1938 finden sich auf der Website der SKKG.

Reinlesen

Der Dokumentarfilm

Mit einem offenen Wettbewerb hat die SKKG 2022 Schweizer Filmemacher:innen eingeladen, ihre Ideen für einen Dokumentarfilm einzureichen. Eine fünfköpfige Jury hat das Projekt von Thomas Haemmerli ausgewählt und dem Regisseur vollen Zugang zu unseren Archiven ermöglicht.

Mehr über Haemmerli erfahren

Der von Turnus Film unabhängig produzierte Film wird 2025 im Schweizer Fernsehen und in den Schweizer Kinos gezeigt.  


 

Hinterlassenschaft

Die Sammlungs- und Immobiliengeschichte

Walrüttistrasse

© Giuseppe Micciché

Über die Bedeutung und die Zusammenhänge der beiden Leidenschaften Bruno Stefaninis wurde viel diskutiert, jedoch ist wenig wissenschaftlich erforscht. Darum wird ein Team von Historiker:innen die Geschäfts- und Sammlungstätigkeit Stefaninis untersuchen. Dafür haben die SKKG und Terresta mit Unterstützung der Schweizerische Gesellschaft für Geschichte (SGG) eine historische Auftragsarbeit ausgeschrieben, auf die sich vier Teams beworben haben.  

Den Zuschlag erhielten Jennifer Burri und Amos Kuster. Die beiden Basler Historiker:innen haben das eingereichte Konzept im Februar 2024 einem unabhängigen Beirat präsentiert. Dieser vom Vorstand der SGG gewählte und eingesetzte Beirat besteht aus erfahrenen Wissenschaftler:innen und Fachleuten, welche die Qualität und die Unabhängigkeit der Arbeit sicherstellen – vom Konzept bis zum fertigen Bericht.

Im Herbst 2025 soll der Bericht von Burri und Kuster vorliegen. Bis dahin gewähren SKKG und Terresta den beiden Historiker:innen vollständigen Zugriff auf alle Archive und Quellen. So werden sie unter anderem folgende Fragen aufgreifen und zu beantworten versuchen: 

  • Welche Strategien verfolgte Stefanini im Immobiliengeschäft?
  • Was waren die Folgen für die Mieter:innen und die Stadt Winterthur?
  • Wie finanzierte Stefanini die Immobiliengeschäfte? 
  • In welchem Zusammenhang standen sie zur Sammlungstätigkeit der SKKG?  
  • Welche Sammlungsstrategien verfolgte Stefanini?
  • Wo lagen die inhaltlichen und quantitativen Schwerpunkte? 
  • Was waren bedeutende Auslassungen?
  • Welche Protagonist:innen haben den Aufbau der Sammlung mitgeprägt und in welchem Verhältnis standen sie zu Stefanini?